Ingema Reuter – Vita
- 1939 in Oschersleben geboren
- 1964 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Berlin
- 1971 Meisterschülerin bei Werner Volkert
- ab 1972 freie künstlerische Arbeiten mit dem Schwerpunkt Graphik, Zusammenarbeit mit Chris Prater, Kelpra Studio London
- 1978 Atelier für Malerei und Graphik in Liebenburg und Berlin
- 1979 Aufnahme der Technik der Radierung – Fotogravure
- 1985 Mönchehaus Museum für moderne Kunst, Goslar
- 1986 Galerie Rampold, Berlin
- 1989 Aufnahme der Scanachromtechnik
- 1989 Kunstverein, Salzgitter
- 1990 Dominikanerkloster, Braunschweig; Galerie am Tiergarten 62, Hannover; Galerie Apex, Göttingen
- 1992 Roemer-Pelizaeus Museum, Hildesheim; Dominikanisches Zentrum, Karlsruhe; Synagoge, Oerlinghausen
- 1993 Sonderausstellung „artmultiple“, Düsseldorf
- 1994 Neuer Berliner Kunstverein, Berlin
- 1997 – 1998 „Haus der Stille“ Bergen-Belsen mit Gerd Winner
- 19. Januar 1998 in Hildesheim verstorben
Ausstellung – Eröffnung am 19. Januar 2008
Ingema Reuter zeigt den Menschen, macht ihn zum Mittelpunkt ihrer großen Tableaus, nimmt seine Spuren auf. Wie Schatten bevölkern anonyme Figuren Straßen, Plätze, U-Bahnschächte. Sie sind unterwegs, und das gibt diesen faszinierenden Bildern neben einem kritischen Blick auf die Vereinzelung in der Masse eine wahrhaft bewegende Vision von der positiv stimmenden Gewißheit, dass die Wege ein Ziel haben. (Gisela Burkamp)
Sie starb bei einem Autounfall in Hildesheim. Zehn Jahre ist das jetzt her. Die Kraft ihrer Bilder ist unvergänglich. Der Künstlerin Ingema Reuter widmet die Galerie Im Haesler Haus eine umfangreiche Schau.
Sie beweist: Die Handschrift der Künstlerin, Jahrgang 1939, ehemalige Meisterschülerin bei Werner Volkert an der Berliner Hochschule für Bildende Künste und 1985 Lehrbeauftragte für Malerei an der Hochschule Hildesheim, bleibt unverwechselbar.
Ingema Reuters Grafiken wühlen auf, sie verwandeln das statische Medium Bild in eine brodelnde Energiequelle. Menschen hasten scheinbar ziellos auf großformatigen Leinwänden. Farbige verschwommenen Bildräume geben nur eine Ahnung von Straßen und Plätzen, von Parks und U-Bahnstationen. In diesem Irgendwo bewegen sich die schemenhafte Passanten mit teils aufgelösten Konturen. Anonym und zeitlos. Sie bilden die Fixpunkte in übereinandergelagerten Schichten und in einem Spiel aus Licht und Schatten, sie fungieren als Akteure in verschwommenen Traumsequenzen – ohne Anfang und ohne Ende.
Wirken die Figuren noch so entmaterialisiert und surreal in den verschleierten Panoramen, so sind sie doch keine Produkte des Zufalls. Wie ihr Mann, der Maler und Grafiker Gerd Winner, benutzte Ingema Reuter die Kamera als Skizzenbuch. Die Fotografie diente ihr als Vorlage für Farbradierungen. Diese vergrößerte sie im bislang von nur von wenigen Künstlern benutzten Scanachrom-Verfahren, bei dem Acrylfarbe computergesteuert auf die Leinwand gespritzt wird.
In anderen Arbeiten, zu sehen im ersten Stock der Ausstellung, führte eine aufwändige Tiefdrucktechnik mit bis zu sieben Druckplatten Ingema Reuter zu ihren Ergebnissen.
In dieser Vielschichtigkeit liegt auch das Geheimnis der Suggestivkraft ihrer Arbeiten. Zusammen mit dem irritierenden Betrachterstandpunkt, einer Sicht schräg von oben, steuern Reuters Werke der gewohnten Lesbarkeit entgegen – ein Kunstgriff, der Distanz schafft und zugleich ans Bild fesselt. Kurz: Es ist schwer, einer Auseinandersetzung mit Ingema Reuters Bildern aus dem Weg zu gehen. Inhaltlich tun sich existenzielle Fragen auf: Wohin hetzen ihre Figuren? Mit welcher Richtung? Mit welchem Ziel? Der Mensch, der in der Realität verhaftet zu sein scheint, irrt in der Menge. Er eilt ins Ungewisse.