Manfred Zimmermann – Vita

  • 1947 in Hannover geboren
  • 1969 Meisterprüfung, Bundesfachschule für Fotografie in Hamburg
  • 1970 eigenes Studio für Werbe- und Industriefotografie
  • 1972 Akademie für Absatzwirtschaft Niedersachsen e.V., Ausbildung zum staatlich geprüften Kommunikationswirt
  • 1979 Europäischer Meister der Fotografie, verliehen vom Europhot
  • 1980 Deutscher Wirtschaftsphotopreis, verliehen vom Bundeswirtschaftsminister
  • 1981 Berufung in die Deutsche Gesellschaft für Fotografie
  • 1998 Goldmedaille der Chinesischen Nationalen Sammlung für Fotografie
  • 2000 Verleihung des Niedersächsischen Staatspreises für das gestaltende Handwerk
  • 2001 Verleihung des Belgrad Grand Prix der Photograhie durch die European Academy for Photography
  • 2003 Verleihung der Professur von der IVAS, Akademie für Bildende Künste, Belgrad
  • 2007 Palazzo Albrizzi Venedig „VENEZIA VENICE VENEDIG VENISE“ Rainer G. Mordmüller  · Gerd Winner  · Manfred Zimmermann
  • 2009 Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim „L‘ART SACRÉ – Liturgische Räume“ Aschermittwoch der Künstler 2009
    Gerd Winner · Johannes Zahlten · Manfred Zimmermann
  • 2010 ARTHEME GALERIE, Paris „PARIS IMPRESSIONS EN BLANC ET NOIR“ Rainer G. Mordmüller · Gerd Winner · Manfred Zimmermann
  • 2014 Rathaus, Hildesheim  – Ausstellung „Kathedrale im Umbruch“

Manfred Zimmermann lebt und arbeitet in Hannover

Ausstellung 2015 Mensch und Arbeit im Spannungsfeld

Manfred Zimmermann in Celle vorzustellen wäre ein bisschen, wie die sprichwörtlichen Eulen nach Athen tragen. In mehreren Ausstellungen waren seine vielfältigen künstlerischen Arbeiten bereits in Celle zu sehen.

Diese Ausstellung hier zeigt in realistisch geprägten Bildern ein Herzensthema des Fotografen, der seit den 1970er Jahren weltweit als Werbe- und Industrie-Fotograf unterwegs ist. „Menschen in der Arbeitswelt“ ist die Ausstellung überschrieben. Und die Arbeitswelt ist hier die Industrie in ihrer gesamten Bandbreite – angefangen vom Bergwerk über die Verhüttung bis zur Produktion von einzelnen Teilen, die dann als großes Ganzes die Produkte ergeben, die wir täglich nutzen: Auto, elektrische Geräte, aber auch Tinte, Lippenstift und Fünf-Mark-Stücke. Sie horchen jetzt zu Recht auf – denn 5-Mark-Stücke sind längst aus dem Gebrauch. So sind auch viele der hier dargestellten Arbeitsplätze längst modernisiert oder wegrationalisiert worden. Die Menschen und ihre Arbeit wurde nicht mehr gebraucht. Die Walze jedoch, auf der die Stanzplatten für 5-Mark-Stücke hergestellt wurden, ist in der Ausstellung zu sehen (im ersten Raum rechts des Eingangs). Und ein Mann, mit dem – oder einem seiner Kollegen – wir über das Geldstück zu Zeiten der D-Mark quasi mittelbar in Berührung gekommen sind, steht aufrecht davor. Sie sehen, es geht in der Ausstellung auch um die Dokumentation verschwundener Arbeitswelten. Doch dazu später mehr.

Ich werde nun keine kunsthistorische Einführung in die Darstellung von Industriearbeit in der bildenden Kunst geben – Stichworte wären etwa Francois Bonhommé, der als erster Industrie-Maler Europas gilt (sein in den 1860er Jahren für die Ecole des Mines entstandener Zyklus sowie seinen Arbeiten für den Schwerindustriekomplex Schneider in Le Creusot sind wichtige Wegbereiter) oder das Eisenwalzwerk von Adolph Menzel (1872-1875 entstanden). Ich möchte lediglich die künstlerische Tradition anreißen, in der wir uns auch beim Betrachten dieser Ausstellung bewegen. Denn an der einen oder anderen Stelle werden die großen künstlerischen Bezugspunkte vor dem Auge der Betrachter aufblitzen. In der Fotografiegeschichte böte sich vorschnell die Arbeiterfotografie an, die durchaus auch in politischem Sinne den Blick auf die unbekannte und beschwerliche Seite von Arbeitsprozessen und Arbeitsverhältnissen richtet.

Es ist jedoch nicht das Anliegen von Manfred Zimmermann, den Arbeitsprozess und den Menschen bei der Arbeit quasi in einer Fotoreportage abzulichten. Der Fotograf Zimmermann tritt nicht als Beobachter, als Voyeur auf, der einen flüchtigen Moment ‚en passant‘ als Zeitdokument einfängt. Vielmehr geben seine dokumentarischen Bilder den Arbeiterinnen und Arbeitern die Möglichkeit, sich in Bezug zur Kamera, zur Fotosituation zu setzen und ihr „Ich“, ihr Menschsein, an ihrem Arbeitsplatz auftreten zu lassen. Hier unterbricht der fotografische Blick die entfremdete Arbeit an der Maschine, wie Industriearbeit seit Karl Marx (durchaus zurecht) definiert ist. Jeder einzelne ist nur ein Rädchen in einem großen Getriebe und muss sich der Arbeitssituation unterordnen, nicht sich die Arbeit, das Werkstück untertan machen, wie das im handwerklichen Bereich möglich ist. Diese Unterworfenheit bricht Zimmermann auf und wir sehen das Wesen der Arbeiter, mit all ihrem Werkstolz und ihrer Gebrochenheit, mit ihrer Würde und auch zuweilen mit ihrer Resignation. Ihre Posen und Positionen haben die Fotografierten selbst gewählt und somit auch ihren Selbstausdruck individuell gestaltet.

Ich hatte eingangs den Lippenstift erwähnt – den sie als Endprodukt auf den Fotografien vergeblich suchen werden. Aber sie sehen Minenarbeiter in einer Kupfermine in der ehemaligen DDR. Die Arbeitshöhe des Stollen betrug 85 cm. Hier wurde eine 30 cm breite Erzschicht mühsam und unter gefährlichen Bedingungen abgebaut. Verwendet wurde das gewonnene Kupfer unter anderem in der Messingherstellung für die Umhüllung von Lippenstiften. Entfremdet ist also, um auf Karl Marx und dessen Blick auf die Arbeiter in der Industrie zurück zu kommen, nicht nur die Arbeit an der Maschine ansich, sondern auch unser Blick auf die Endprodukte. Hier verknüpft Manfred Zimmermann seine Professionalität als Werbefotograf und als Industriefotograf miteinander. Die schönen bunten Warenwelten sind ihm ebenso vertraut, wie die vielen Wurzeln, die zum Endprodukt führen. Bei jedem Schritt sieht er den Menschen in seiner Einzigartigkeit. Und er schärft die Sinne der Betrachtenden für die Prozesse der Produktion. Das ist im besten Sinne sozialpolitische Fotografie. Denn Zimmermann will nicht Meinungen konfigurieren, macht keine politische Meinungsbildung, indem er Beschwernis oder Ausbeutung moralisierend darstellt. Sondern er löst den Menschen aus dem Arbeitsprozess für den Moment der Aufnahme heraus, stellt ihn als Individuum in eine ArbeitsWELT. In dieser Sichtweise bezieht Zimmermann sich unter anderem auf die sogenannte Neue Sachlichkeit mit Fotografen wie Alfred Renger-Patzsch (1897-1966). Renger-Patzsch arbeitete übrigens auch für Pelikan – und einen Arbeiter im Pelikan-Werk sehen Sie im ersten Raum, bei der Einfüllung von Silberfarbe. Auch dies übrigens ein nicht mehr existierender Arbeitsplatz.

„Ich habe bei jedem Industrie-Auftrag ein Foto nur für mich gemacht“ erklärt Manfred Zimmermann im Gespräch die Genese seiner Fotografien „Menschen in der Arbeitswelt“. Einen ganz kleinen, sehr zeitgenössischen Ausschnitt aus diesen impulsgebenden Auftragsarbeiten sehen Sie hier (im großen Raum im Erdgeschoss). Makroaufnahmen ausder Fertigung, künstlerisch überarbeitet, zieren auch die Etagen großer Unternehmen. Was hier fast als grafische Arbeit oder abstrakte Kunst erscheint ist ansich sehr konkret: Förderbänder, eine Spule mit Kondensatoren, Frässpuren in einem Formzylinder oder die Kühlung von Compoundsträngen (Verbundstoff Stränge – sieht aus wie Drähte). Ganz nah am einzelnen Produkt, am winzigen und riesig vergrößerten Ausschnitt aus einem kleinen Teil, ist der Blick auf die Arbeit, die zum jeweiligen Produkt geführt hat, ausgeblendet. Doch dem subjektiven und alle Teile der Industriewelt umfassenden Bick Zimmermanns ist es wichtig, auch die Arbeit und die Arbeitenden dahinter zu zeigen. Diese Sichtweise steht kunsthistorisch oder besser gesagt kulturwissenschaftlich nicht im luftleeren Raum. August Sander (1876-1964) ist der wichtige Bezugspunkt. In seinem in den 1920er Jahren konzipierten, umfänglichen „Werk Menschen des 20. Jahrhunderts“, das stets ein Prozess blieb, reflektierte er die Berufs- und Gesellschaftsordnung seiner Zeit auf vielfältige Weise. Auch hier ist der Mensch stets mit klarem Bezug zum Fotografen dargestellt. Auch hier schwingt stets ein „Hier stehe ich und kann nicht anders“ mit – ein Moment, der alle Momente eines gewordenen Lebens umfasst. Diese Art der Ablichtung hat für mich eine große Ehrlichkeit, da auch die Situation des Fotografiertwerdens, die zu Sanders Zeit ebenso, wie für die Arbeiter in der Industrie an ihren Arbeitsplätzen, eine Ausnahmesituation aus dem Fluss des Alltags darstellte, mit aufgenommen wird. In mehrfacher Hinsicht stellt die Ausstellung ein Zeitdokument dar, das verschwundene Welten bewahrt. In Nuce dargestellt sehe ich das in der Fotografie des Vaters des Künstlers an seinem früheren Arbeitsplatz. Das Foto entstand im bereits stillgelegten Werk, kurz bevor die Anlage abgerissen wurde. Der Fotografierte war zu diesem Zeitpunkt bereits in Rente. „Der Arbeitsplatz der Eltern war früher eine völlig fremde Welt, denn wer konnte schon ein Kind mit zur Arbeit in der Industrie nehmen, um ihm diese Welt zu zeigen“, sagte Manfred Zimmerman im Gespräch. Der subjektive Blick ist eine der vielen großen Stärken des Werks. Mit dieser Subjektivität bezieht Zimmermann sich auch auf seinen Kollegen Peter Keetman (1916-2005). Dessen Markenzeichen waren sehr detailgenaue, introvertierte Fotos, die oft nahe an der Grafik sind und eine gewisse Strenge der Emotion aufweisen.

Bei allem Blick nach außen wirken viele der Fotografien durchaus introvertriert. Das Innehalten im Ablauf macht neben dem Prozess auch die handelnden Akteure sichtbar. Soziale Herkunft beschränkte früher noch viel stärker als heute die Lebenswelt und den Alltag der Menschen. Viele der abgebildeten Berufe und Tätigkeiten sind von den Menschen nicht in erster Linie als ihre Berufung aufgefasst worden. (Ausdrücklich gesagt hat das beispielweise die junge Gabelstaplerfahrerin in der russischen Fabrik). Doch die Fotografien zeigen den Stolz und die Würde der Arbeitenden. Sie sind ganz in sich und bei sich und doch–beim Blick in die Kamera – auf den späteren Betrachter bezogen. Daraus erwachsen soziologische Betrachtungen im Dienste eines gesellschaftspolitischen Diskurses über den Wert der Arbeit, die Wertschätzung für Arbeitende und ihre Arbeitswelten in der Industrie. In der Galerie Jochim sind nun Arbeitsbilder aus 44 Jahren zu sehen. Ein wichtiges Zeitdokument, dem ich eine sehr große Verbreitung wünschen möchte.

Dr. Andrea Hoffmann

„Ich gehe von der Wirklichkeit als Raum aus. Dieser Raum soll als Ausschnitt so beschaffen sein, dass er, auf die Ebene projiziert, eine geordnete Bildfläche ergibt. Dem starren Liniengefüge moderner Technik, dem luftigen Gitterwerk der Krane undBrücken, der Dynamik 1000pferdiger Maschinen im Bild gerecht zu werden, ist wohl nur der Fotografie möglich.“ (Renger Pazsch)

Ausstellung 2012 Strategisches Sehen

Touching Moments

Ausstellung 2010 London

Eine faszinierende Sicht auf die Metropole London.

Die Präsentation der Städteportraits von Manfred Zimmermann ist in der galerie dr jochim zur Tradition geworden.

In den großformatigen Arbeiten erleben Sie dieses Mal das historische und das moderne London in der individuellen, unverwechselbaren fotografischen Bildsprache von Manfred Zimmermann.